Desinfektionsmodus

„Mich hat interessiert, wie dieser Kerl
trotz seiner Neurosen die Liebe findet“

Ein Gespräch mit DANY BOON

Ein Film ist eine Menge Arbeit.
Wie gehen Sie dabei vor?

DANY BOON: Ich habe den Film zuallererst fürs Publikum gemacht, und wenn er Erfolg hat, ist das großartig. Ehrlich gesagt habe ich nie an meinen Fähigkeiten als Filmemacher gezweifelt, ganz einfach aus dem Grund, weil meine Filme funktionieren – und das nicht aus Zufall oder reinem Glück. Einen Film zu machen, ist die Folge von sehr zufälligen Dingen, zu denen aber natürlich auch Erfahrung kommt. Sobald ein Film fertig ist, zeige ich ihn vor einem echten Publikum und verstecke mich dabei im Kinosaal, und je nach Reaktion gehe ich noch mal in den Schneideraum und verbessere noch ein paar Dinge. Das ist der ganz natürliche Reflex eines Unterhaltungskünstlers.

Da Sie vom Publikum reden: Eine Herausforderung bestand darin, die Erwartung des Publikums nicht zu enttäuschen, weil Sie wieder mit Kad Merad vor der Kamera stehen.

DANY BOON: Sicherlich. Und ich kann Ihnen sagen, das war ein echtes Wiedersehen! Ich hatte schon vergessen, wie großartig es ist, mit Kad vor der Kamera zu stehen und wie selbstverständlich unser Zusammenspiel funktioniert. Er ist ein exzellenter Komödiant, und ich liebe es, ihn zu inszenieren und noch mehr, ihn ein wenig zu martern. Gleich bei den ersten gemeinsamen Szenen habe ich diese Zusammengehörigkeit zwischen uns verspürt – das war wieder ganz offensichtlich. Wir mussten darauf achten, dass wir uns nicht wiederholen, man muss seine Figuren vielmehr ganz leibhaftig zum Leben erwecken, damit es erneut auf der Leinwand funktioniert. Dimitri ist Kad als Privatperson sehr ähnlich. Das gilt auch für Judith El Zein, die seine Ehefrau Norah spielt. Sie ist eine Frau, die ich anbete und die im Film absolut perfekt ist. Die beiden funktionieren als Ehepaar vollkommen und durch ihr Können als Komödiantin schafft sie es, einen Verdacht zu säen, die Beziehung zwischen Dimitri und Romain basiere auf einer latenten Homosexualität.

Der SUPER-HYPOCHONDER, das sind doch im Grunde Sie selbst, nicht wahr?

DANY BOON: Das Thema der Hypochondrie geht mir in der Tat ziemlich nahe. Da ich mich mittlerweile in einem Alter befinde, in dem ich für meine Handlungen und Neurosen selbst verantwortlich bin, muss ich mir – wie viele andere Künstler und Entertainer – eingestehen, dass mir die Vorstellung von Krankheit Angst einjagt. Sobald ich auch nur das geringste Symptom aufweise, bin ich überzeugt, dass es extrem schwerwiegend und nicht heilbar sein könnte: Bei 38,5 Grad Körpertemperatur liege ich im Sterben.
Ich telefoniere deshalb regelmäßig mit meinem Arzt. Er heißt Roland – er hat übrigens einen Auftritt im Film – und ist nach 20 Jahren ein Freund geworden. Ich gebe zu, dass ich die Telefonnummer seiner Praxis auswendig weiß, und gestehe, dass ich sogar seine Privatnummer besitze, die stets auf meinem Nachttisch bereit liegt. Er hat es schon oft bereut, dass er sie mir verraten hat.

Ist der Film ein Mittel, sich Ihre Hypochondrie auszutreiben?

DANY BOON: Es steckt zunächst einmal die Idee dahinter, sich mithilfe von sehr viel Selbstironie darüber lustig zu machen. Man bringt andere immer am besten zum Lachen, wenn man sich selbst lächerlich macht. Je ehrlicher und persönlicher die Geschichte ist, desto stärker wirken die komödiantischen Szenen und desto weiter kann man den Wahnsinn und die Verrücktheit treiben. Wie im Film öffne ich selbst Türen mit dem Ellenbogen, und ich wasche mir immer die Hände, nachdem ich die Zahlenkombination auf dem elektronischen Türschloss gedrückt habe. Ich glaube, ich würde es vorziehen, eine Treppe hinunterzustürzen, als mich am Geländer festzuhalten.

Der Film behandelt auch den sehr aktuellen Trend zur Selbstdiagnose via Internet.

DANY BOON: Es genügt, ein Schlagwort bei Google einzugeben, und schon findet man Bilder und Beschreibungen von der Krankheit, an der man zu leiden glaubt. In den verschiedenen Foren finden sich absolut dramatische und verblüffende Erfahrungsberichte und Aussagen. Mein lieber Freund und Allgemeinarzt hat mir erzählt, dass es heute selbst auf Mediziner- Konferenzen Debatten zum Thema Selbstdiagnose gibt. Die Ärzte müssen inzwischen mit Patienten fertig werden, die nicht mehr nur mit einem Leiden zu ihnen kommen, sondern bereits mit einer Diagnose.

Jeder Ihrer Filme wird dank oder aufgrund des Erfolgs der jeweils vorangegangenen stets mit großer Spannung erwartet. Dies ist auch bei SUPER-HYPOCHONDER der Fall. Fügt das noch mehr Druck auf den ohnehin schon vorhandenen Druck des Projekts hinzu?

DANY BOON: Ich gehe von dem Prinzip aus, dass ein Film so viele Zuschauer bekommt, wie er verdient hat. Der SUPER-HYPOCHONDER wird also das Leben haben, das er haben soll. Diesen Druck kenne ich seit den „Sch’tis“ – aber er hat mich nie daran gehindert, mich frei und glücklich zu fühlen bei dem, was ich tue. Mein Hauptziel ist, die Leute zum Lachen zu bringen und mein Publikum gut zu unterhalten. Ich muss nicht unbedingt arbeiten, also mache ich meine Filme aus einem Gefühl größtmöglicher Aufrichtigkeit heraus. Ich arbeite aus Spaß, nicht weil ich es unbedingt muss. Meinen Beruf verfolge ich von jeher mit großer Leidenschaft, egal wie aufwendig ein Projekt ist: Ein großes Budget oder ein Team von 250 Leuten ändert daran nichts. Dann kommt die Kritik mit ihren Kritiken. Ich respektiere ihre Aufgabe und ihre Ratschläge, außer sie driften in allzu persönliche Dinge ab oder fangen an, über das Geld zu reden. Das hat hier einfach nichts verloren und hat keine Bedeutung. Ich kann mir alles anhören, was man mir über meine Filme zu sagen hat, solange ein wirkliches Interesse da ist.
Aber das Wichtigste ist immer die Beziehung zum Publikum.

Ein Gespräch mit DANY BOON

Ein Film ist eine Menge Arbeit.
Wie gehen Sie dabei vor?

DANY BOON: Ich habe den Film zuallererst fürs Publikum gemacht, und wenn er Erfolg hat, ist das großartig. Ehrlich gesagt habe ich nie an meinen Fähigkeiten als Filmemacher gezweifelt, ganz einfach aus dem Grund, weil meine Filme funktionieren – und das nicht aus Zufall oder reinem Glück. Einen Film zu machen, ist die Folge von sehr zufälligen Dingen, zu denen aber natürlich auch Erfahrung kommt. Sobald ein Film fertig ist, zeige ich ihn vor einem echten Publikum und verstecke mich dabei im Kinosaal, und je nach Reaktion gehe ich noch mal in den Schneideraum und verbessere noch ein paar Dinge. Das ist der ganz natürliche Reflex eines Unterhaltungskünstlers.

Da Sie vom Publikum reden: Eine Herausforderung bestand darin, die Erwartung des Publikums nicht zu enttäuschen, weil Sie wieder mit Kad Merad vor der Kamera stehen.

DANY BOON: Sicherlich. Und ich kann Ihnen sagen, das war ein echtes Wiedersehen! Ich hatte schon vergessen, wie großartig es ist, mit Kad vor der Kamera zu stehen und wie selbstverständlich unser Zusammenspiel funktioniert. Er ist ein exzellenter Komödiant, und ich liebe es, ihn zu inszenieren und noch mehr, ihn ein wenig zu martern. Gleich bei den ersten gemeinsamen Szenen habe ich diese Zusammengehörigkeit zwischen uns verspürt – das war wieder ganz offensichtlich. Wir mussten darauf achten, dass wir uns nicht wiederholen, man muss seine Figuren vielmehr ganz leibhaftig zum Leben erwecken, damit es erneut auf der Leinwand funktioniert. Dimitri ist Kad als Privatperson sehr ähnlich. Das gilt auch für Judith El Zein, die seine Ehefrau Norah spielt. Sie ist eine Frau, die ich anbete und die im Film absolut perfekt ist. Die beiden funktionieren als Ehepaar vollkommen und durch ihr Können als Komödiantin schafft sie es, einen Verdacht zu säen, die Beziehung zwischen Dimitri und Romain basiere auf einer latenten Homosexualität.

Der SUPER-HYPOCHONDER, das sind doch im Grunde Sie selbst, nicht wahr?

DANY BOON: Das Thema der Hypochondrie geht mir in der Tat ziemlich nahe. Da ich mich mittlerweile in einem Alter befinde, in dem ich für meine Handlungen und Neurosen selbst verantwortlich bin, muss ich mir – wie viele andere Künstler und Entertainer – eingestehen, dass mir die Vorstellung von Krankheit Angst einjagt. Sobald ich auch nur das geringste Symptom aufweise, bin ich überzeugt, dass es extrem schwerwiegend und nicht heilbar sein könnte: Bei 38,5 Grad Körpertemperatur liege ich im Sterben.
Ich telefoniere deshalb regelmäßig mit meinem Arzt. Er heißt Roland – er hat übrigens einen Auftritt im Film – und ist nach 20 Jahren ein Freund geworden. Ich gebe zu, dass ich die Telefonnummer seiner Praxis auswendig weiß, und gestehe, dass ich sogar seine Privatnummer besitze, die stets auf meinem Nachttisch bereit liegt. Er hat es schon oft bereut, dass er sie mir verraten hat.

Ist der Film ein Mittel, sich Ihre Hypochondrie auszutreiben?

DANY BOON: Es steckt zunächst einmal die Idee dahinter, sich mithilfe von sehr viel Selbstironie darüber lustig zu machen. Man bringt andere immer am besten zum Lachen, wenn man sich selbst lächerlich macht. Je ehrlicher und persönlicher die Geschichte ist, desto stärker wirken die komödiantischen Szenen und desto weiter kann man den Wahnsinn und die Verrücktheit treiben. Wie im Film öffne ich selbst Türen mit dem Ellenbogen, und ich wasche mir immer die Hände, nachdem ich die Zahlenkombination auf dem elektronischen Türschloss gedrückt habe. Ich glaube, ich würde es vorziehen, eine Treppe hinunterzustürzen, als mich am Geländer festzuhalten.

Ab 10. April 2014 im Kino

© 2014 Prokino. Alle Rechte vorbehalten.